Zurück nach Deutschland

27. Juli 2017: Aufgeregt trafen wir sechs angehende Freiwillige nach und nach am Frankfurter Flughafen ein, wo wir wenige Stunden später Deutschland für 13 Monate verließen. Voller Neugierde, Vorfreude und Erwartungen so unterschiedlich wie wir selber, steuerten wir nach einem Zwischenhalt in Istanbul unser vorläufiges Ziel Dar es Salaam an.

29. Juli 2018: Wieder waren wir sechs an eben jenem Flughafen in Dar es Salaam, nur diesmal standen wir auf der anderen Seite der Absperrung, bereit unsere Nachfolger, die wir auch liebevoll Küken nennen, in Empfang zu nehmen. Mit der Ankunft unserer geschätzten Küken begann für uns sechs langsam, aber unaufhaltsam die Zeit des Abschieds. Wir zeigten unseren Nachfolgern die Einsatzstellen und wichtige Anlaufpunkte in der Stadt. Schnell fanden sie sich ein und waren bereit die Projekte zu übernehmen, während wir Stück für Stück das Feld räumten. Doch bevor wir gingen stand noch einiges auf dem Programm: Wir zeigten den Nachfolgern das Kota, wo all die vorherigen Generationen gelebt hatten, und dann galt es, noch den Abschied gebührend zu feiern. Mit tänzerischen Darbietungen, Spielen, Reden und gutem Essen feierten wir unseren Abschied und die Ankunft der Neuen in den Kinderdörfern. Direkt am folgenden Tag gingen wir sechs noch einmal zum Abschluss als Gruppe essen und gönnten uns bei Mama Iringa, einem italienischen Restaurant, ein dekadentes Mahl. Weiter ging es mit dem Abschied in der Stadt. An einem Samstagabend luden wir Freunde von uns ins Nusu, wie wir unser neues Quartier nennen, ein und verbrachten ein paar schöne Stunden, wobei natürlich Bongo-Flava-Musik nicht fehlen durfte. Damit hatten wir schon einen Teil des Abschiedes geschafft, aber bevor es wirklich zurück nach Deutschland ging, gab es noch lange to-do-Listen abzuarbeiten. Wir kauften in der Stadt Mitbringsel für Verwandte und Freunde, während bei Mama Afram, unserer Schneiderin, die Nähmaschine ununterbrochen lief, um unsere Röcke, Kleider, Hosen und Blusen fertig zu nähen. Dann war es wirklich so weit, Ramón und Sophie machen sich als erste auf den Weg gen Deutschland. Schon ein paar Tage vorher hatte Nico sich aus Iringa verabschiedet, um noch mit einem Freund reisen zu gehen. Alex, Janine und ich blieben noch eine Woche länger in Iringa und genossen die letzten Tage in den Einsatzstellen und der Wochenend-WG. Zusammen mit einigen Nachfolgern beschlossen wir recht spontan noch eine kleine Wanderung zu machen. Unsere Route führte uns zu einem Felsen, von dem aus wir einen tollen Blick über die Stadt und die Landschaft hatten. Anfang September hieß es dann auch für uns die Koffer zu schließen und ein letztes Mal „kwa heri“ zu sagen. Von unseren Nachfolgern wurden wir zum Busstandi begleitet, dann traten wir die Reise nach Deutschland an. 

Gut gebräunt, mit einem Koffer voller Kitenge und auf dem Secondhandmarkt erworbenen Shirts, Jacken und Schuhen und vielen Erfahrungen reisten wir zurück. Wir blicken auf das Jahr, was wie im Flug vorbei ging. Wir erinnern uns an anfängliche Sprachprobleme, die Shoppingtouren durch die Stadt und Wanderungen in den Bergen, gefundene Freunde, ein Weihnachtsfest bei 25 Grad unterm Laubbaum, unsere Reisen quer durchs Land und die als Ohrwürmer in unserem Kopf schwirrenden Bongo-Flava-Songtexte. Daneben versuchen wir auszurechnen wie viele Kilo Ugali wir wohl über das Jahr gegessen haben. Unsere anfänglichen Erwartungen wurden auf keinen Fall enttäuscht, und wir alle konnten viel aus dem Jahr mitnehmen, auch wenn ich persönlich andere Dinge beziehungsweise Dinge anders gelernt habe, als vor dem Jahr gedacht. Dadurch, dass wir in und mit der tansanischen Kultur gelebt haben, würde ich behaupten haben wir ein Gefühl für die Kultur bekommen und sind keine Sammelsurien aus faktischem Wissen geworden. Im Kontakt mit Tansaniern konnte man zwar auch einiges über typisch faktische Eckdaten des Landes, wie zum Beispiel Sterberaten und politische Strukturen erfahren. Aber anstatt sich bloßes Lexikonwissen anzueignen, habe ich gemerkt, dass es viel mehr auf das ankommt, was man im alltäglichen Leben über Lebensweisen und -einstellungen lernt. Doch nicht nur über Tansania und Tansanier konnte ich in der Zeit einiges lernen, sondern auch über Deutschland. Aus 6.800 Kilometern Entfernung konnte ich meinen Lebensstil und manche sehr deutsche Eigenarten reflektieren. Das wohl klassischste Beispiel dafür, ist Pünktlichkeit, was in Deutschland als sehr wichtig erachtet wird. In Tansania hingegen lässt man sich nur selten stressen und nimmt sich Zeit. Trifft man zum Beispiel auf dem Weg zu einer Verabredung einen Bekannten, dann kommt man eben etwas später, die Mitmenschlichkeit ist an der Stelle einfach wichtiger. 

Mit all diesen Erfahrungen sind wir sechs nun wieder zurück in Deutschland und freuen uns darauf uns bald auf dem Rückkehrerseminar gegenseitig über unser Ankommen zu berichten.