„Mein erstes Mal in Tansania“ – Reisebericht April 2014

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Nach drei Jahren Mitarbeit im Vorstand des Amani-Kinderdorf-Vereines war es Mitte April diesen Jahres endlich so weit: Zusammen mit Ulrich Siepe machte ich mich auf den Weg nach Tansania, um das Land und vor allem die beiden Kinderdörfer in Kilolo und Kitwiru zu erleben. Die Reise führte uns von Dar es Salaam an der Ostküste nach Iringa ins Zentrum Tansanias, von dort zu den Kinderdörfern und weiter Richtung Westen zum Malawi-See. Es war Regenzeit, und das war sichtbar und spürbar: Straßen waren überflutet und teilweise nicht passierbar, die Vegetation war grün und die Äcker versprachen eine gute Ernte. Familien bauten rund um ihre Hütten Mais, Bananen und Bohnen an, dazwischen liefen ein paar Hühner und gelegentlich auch mal ein Schwein. Rinder oder Ziegen wurden auf dem Grünstreifen am Straßenrand angepflockt. Ich war beeindruckt von den bevölkerungsreichen, pulsierenden Städten und Dörfern, von der abwechslungsreichen Landschaft, von den afrikanischen Rhythmen, die uns überall begleiteten, von der gefühlten Zusammengehörigkeit, in der die Menschen mithilfe einfachster Mittel ihren Lebensalltag bewältigten. Zum Beispiel wurde auf einfachen Feuerstellen draußen vor den Hütten gekocht und aus alten Autoreifen wurden Flip-Flops gefertigt.

Aus dem Trubel der Stadt Dar es Salaam kamen wir nach einer langen, anstrengenden Busreise im Kinderdorf in Kilolo an. Das Dorf strahlte eine friedvolle Ruhe aus, Kinder spielten auf der Wiese, einige waren mit der Wäsche beschäftigt, andere saßen gemütlich auf Mauern oder mussten ihre Aufgaben erledigen (Wasser holen, vor dem Haus kehren, hinter dem Haus Unkraut zupfen…). Wir wurden sehr herzlich von der Dorfleiterin Mama Erica empfangen. Der Anblick bei unserem Gespräch im Haus faszinierte mich: Eine bunt gekleidete Mama Erica auf gelbem Sofa mit einer wunderschönen Elefantenbatik im Hintergrund, ein Anblick, den ich immer so in Erinnerung behalten werde. Bei unserem Rundgang durch das Dorf mussten wir feststellen, dass einige Renovierungsarbeiten an den Dächern, Fenstern und im Innenausbau nötig sind, da das Baumaterial über die Jahre unter dem feuchtwarmen Klima Schäden davon getragen hat. Die ersten Schritte für die erforderlichen baulichen Maßnahmen sind aber schon eingeleitet.

Weiter ging die Reise zum Kinderdorf in Kitwiru. Dieses „jüngere“ Kinderdorf ist liegt auf einem Hügel mit Felsen im Hintergrund und einem tollen Ausblick auf die Landschaft. Die rund um einen zentralen Platz angelegten Kinderhäuser sind nun fast alle fertiggestellt, lediglich in Haus 5 und 6 fehlen noch die Fenster sowie die Möbel. Die so genannte „Hall“, eine überdachte Freifläche zum Spielen und für Zusammenkünfte, fügt sich mit ihrem Strohdach wunderbar in das Gesamtbild ein. Einige Kinder spielten wie in Kilolo vor den Häusern und das gesamte Dorf strahlte auch hier eine ruhige, fröhliche Atmosphäre aus. Diese wurde am zweiten Tag unseres Besuches jäh „angenehm gestört“: Eine singende und tanzende Schar von Frauen und Kindern der örtlichen Kirchengemeinde, angeführt vom weiß gewandeten Pastor, zogen ins Kinderdorf ein. Weihwasser aus einem gelben Plastikeimer wurde üppig in allen Häusern (selbst im Hühnerstall!) verteilt und das mitgebrachte große Holzkreuz wurde über das Gelände getragen. Ich bin mir sicher, dass Gottes Segen spätestens jetzt ins Kinderdorf eingezogen ist.

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Neben den geschilderten zahlreichen positiven Eindrücken gab es auch Eindrücke, die mich sehr nachdenklich gestimmt haben: Massive Mängel in der Infrastruktur, besonders im Gesundheits- und im Bildungssystem sowie sehr zweifelhafte Erziehungsmethoden (Strafen wie Stockschläge bei schlechten Noten oder nicht bezahltem Schulgeld). Wohin bewegt sich dieses Land? Wie kann Amani in angemessenem, realistischem Rahmen Einfluss nehmen? Wie können wir „unseren“ Kindern in diesem Land ein möglichst gutes Fundament für die weitere Lebensgestaltung mit auf den Weg geben? Auf die letzte Frage habe ich bei meinem Besuch der Kinderdörfer schon Antworten gefunden: durch ein geborgenes, geregeltes Leben in sozialer Gemeinschaft mit anderen Kindern unter pädagogischer Leitung durch unsere beiden „Schätze“ Mama Erica und Mama Lucy. Eine möglichst gute, den Potenzialen der Kinder angemessene Bildung ist sicherlich eine weitere Säule, auf die wir bauen sollten. Nicht umsonst ist dies ein zentrales Thema, welches uns schon mehrfach in den letzten Vorstandssitzungen beschäftigt hat und sicherlich auch in Zukunft von großer Bedeutung sein wird.

Diese Reise und besonders die Kinderdörfer haben mich emotional sehr berührt und ich kann zusammenfassend festhalten: Unser Einsatz für das Amani-Kinderdorf-Projekt, sei es durch Spenden, Patenschaften und/ oder durch den Einsatz von Zeit und Arbeit, ist lohnenswert, lohnenswert für die Kinder, die sonst keine Chance hätten.

Marlies Brückner