Graduation an der Ipogolo Secondary School

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Bereits 1 1/2 Wochen vor dem großen Ereignis liefen die Vorbereitungen an der Schule auf Hochtouren: im Lehrerzimmer sah man nahezu immer einzelne Grüppchen Lehrer zusammensitzen, die in verschiedenen Komitees den Ablauf der Graduation und alles weitere planten. Spätestens um halb 12 wurde dann der Unterricht durch ein durchdringendes Läuten der Schulglocke beendet, so dass die einzelnen Klassen ihre Lieder, Tänze und Theaterstückchen üben konnten. Besonders gespannt waren wir auf die Funktion und Darstellung einzelner Schüler, die in alten Pfadfinderuniformen und mit Stolz geschwellter Brust auf dem Schulgelände auf und ab marschierten und salutierten. Skola, das älteste Kind aus dem Kinderdorf, und Edgar, ebenfalls aus unserem Kinderdorf, waren auch mit dabei und salutierten auch am späten Nachmittag noch im Kinderdorf. Sie sollten am großen Tag Wachleute darstellen.

Die letzten Tage vor der Graduation herrschte dann endgültig Ausnahmezustand: Es wurden Zäune aus Bambus aufgebaut, die Wege markieren sollten, Bambusstangen in den Boden gerammt, die später mit Planen bespannt Schutz vor der Sonne bieten würden, es wurde geputzt, was das Zeug hielt, kurzum: Ein unübersichtliches Gewusel wie in einem Ameisenhaufen, von dem auch wir uns anstecken ließen.
Und dann kam endlich der große Tag, auf den alle so fleißig hingearbeitet hatten. Und dann kam endlich der große Tag, auf den alle so fleißig hingearbeitet hatten.
Schon morgens hörten wir die Musik, mit der die ersten Gäste begrüßt wurden, hinauf bis ins Kinderdorf, so dass wir uns schnell auf den Weg machten.
Gegen 10 Uhr begannen die Feierlichkeiten mit einer Eröffnungsrede des Schulleiters, der nach und nach alle Ehrengäste begrüßte. Bei denen handelte es sich um wichtige Vertreter der Gemeinde, der Vorsitzenden der Secondary Schools in Iringa und um einige Koreaner der Organisation KOICA, die ebenfalls eine Freiwillige – mit Shwahili-Namen Pendo, da den koreanischen sich hier niemand merken, geschweige denn aussprechen kann – an der ISS beschäftigen. Pendo hatte im letzten Jahr das Labor der Schule auf Vordermann gebracht, Chemikalien, Messinstrumente, Töpfe und Tiegel etc. gekauft. Und genau dieses Labor sollte heute (am selben Tag) auch noch offiziell eröffnet werden.

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Nachdem der Schulleiter alle wichtigen Personen begrüßt und vorgestellt hatte, richtete dann auch der Chef der Korea-Freiwilligen einige Worte an die versammelte Schüler- und Lehrerschar, wofür er sogar eine Dolmetscherin mitgebracht hatte. Anschließend begrüßte die Vorsteherin oder Vorsitzende der Secondary Schools in Iringa alle Anwesenden und dankte sowohl dem Schulleiter für seine netten Worte als auch den Koreanern für ihren Einsatz an der Schule. Zur Feier des Tages hatte Pendo mit einer Science-AG eine Rakete aus Plastikflaschen gebastelt. Mit Hilfe von Wasser und Luftdruck sollte diese in den Himmel steigen und die Wirkung von Druck veranschaulichen.

Aber jeder kennt ja den Vorführeffekt – leider war ein Schlauch oder ähnliches nicht ganz dicht. Nach einiger Aufregung, hin und her zwischen Laboratorium und der Rakete, gelang dann immerhin der Start. Die Rakete kam jedoch weder besonders hoch, noch flog sie weit, man kann wohl von einem Fehlstart sprechen. Dennoch konnten die Schüler das Prinzip, welches die Rakete eigentlich hätte fliegen lassen sollen, sehr gut erklären und auf die anschließende feierliche Eröffnung des Labors hatte der Fehlstart keinen Einfluss. Gemeinsam schnitten unser Schulleiter Mr. Sigimba und der Chef der koreanischen Organisation das Band vor der Eingangstür durch und alle wichtigen Leute drängten in den Raum, um die Ausstattung zu bewundern. Natürlich wurde auch hier wieder eine Rede gehalten.

Anschließend gab es für die Koreaner, die wichtigen Gemeindevertreter und uns beide Soda und Kekse im Büro des Schulleiters, wobei Pendos Chef nach großem Dankeschön anfing, einige Anekdoten auszuplaudern. So wurde es eine ganz witzige Runde über das national verschiedene Trinkverhalten, bei der natürlich auch ein Wort über das deutsche Bier verloren wurde. Resultierend stellte der koreanische Chef fest, dass Koreaner alles trinken würden.
Dann ging es wieder auf den Festplatz, wo die Schüler geduldig auf „uns“ gewartet hatten. Doch nun begann keinesfalls die Zeugnisübergabe und fertig – nein, zunächst ergriff die Vorsteherin der Secondary Schools das Wort und ließ einige Schüler Bälle herantragen. Diese wollte sie der Schule zum Geschenk machen. Es wurden also die Bälle bewundert und es folgte eine weitere Dankesrede. Anschließend präsentierten nun die einzelnen Klassenstufen und Schülergruppen ihre Lieder und Tänze und Sketche und Theaterstückchen, die sie während der letzten Tage einstudiert hatten. Und immer wieder brachen die Schüler der Form 4, die an diesem Tag ihre Zeugnisse erhielten, in ungebremste Begeisterung aus, jubelten oder stürmten tanzend den Platz. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung während des gesamten Festes, der man sich nicht entziehen konnte.

Nachdem nun jede Klasse ihren Beitrag geleistet hatte, ergriff wieder der Schulleiter das Wort. Dieses Mal erzählte er über die Entwicklung der Schule, wie gut die Schüler in den staatlichen Examen im Vergleich abgeschnitten hatten, wo die Schule im Vergleich zu anderen der Region und des gesamten Landes steht und wo sie noch vor zwei Jahren stand. Zu diesem Anlass wurde auch Mwalimu (Lehrer) Adam für seinen unermüdlichen Einsatz an der Schule geehrt und das zu Recht. Denn selbst wir hatten schon nach wenigen Wochen an der Schule begriffen, dass es kaum eine wichtigere Person als Adam gab, wenn es um Organisatorisches, die Stundenpläne, Strom oder andere Probleme ging. Auch war es Adam, der uns geholfen hatte, unseren Computerunterricht auf alle fast alle Klassen auszuweiten.

Und dann war es endlich so weit. Der eigentlich unspektakulärste, aber doch zentralste Punkt auf der Tagesordnung stand bevor: die Verleihung der Abschlussurkunden. Es wurden zunächst die Schüler mit herausragenden Leistungen geehrt und anschließend jeder Schüler einzeln nach vorne gerufen, um seine Urkunde in Empfang zu nehmen. Natürlich durften auch die obligatorischen Blumenketten aus Plastik oder Papier nicht fehlen, die von den Eltern überreicht wurden.
Und während all dem wurde hinter den Schulgebäuden fleißig gekocht. Einige Lehrer, Nachbarn und Schüler standen dort um mehrere Feuerstellen herum und bereiteten ein Festessen zu, dass es nun für die Absolventen und Ehrengäste geben sollte. Und es gab reichlich und eine große Auswahl an tansanischen Köstlichkeiten.

Der offizielle Teil der Feier war nun vorbei, und während wir aßen, begannn der inoffizielle Teil des Festes und die ersten Schüler fingen an zu tanzen. Dann aßen auch die Lehrer und wir wurden ein zweites Mal zum Essen eingeladen. Aus Höflichkeitsgründen ist es natürlich nicht denkbar, eine solche Einladung abzulehnen. Außerdem wollten wir die Gelegenheit nutzen, unsere Kollegen und Kolleginnen besser kennen zu lernen. Glücklicherweise reichte es, dass wir „nur“ noch ein wenig Obst aßen. Und wieder war es richtig nett, so unter den Lehrerkollegen zu sitzen und abseits von der Arbeit ein wenig zu plaudern.
Zum Abschluss schauten wir den Schülern noch ein wenig beim Tanzen zu und machten Fotos und genossen die ausgelassene Stimmung und die letzten Sonnenstrahlen. Als es dann wie immer gegen halb sieben dunkel und kühler wurde, sind wir wieder ins Kinderdorf zurückgekehrt, wo schon das Abendessen auf uns wartete. Glücklicherweise hatte Mama Lucy Verständnis dafür, dass wir wiederum nur der Höflichkeit halber eine Kleinigkeit zu uns nahmen und während Mama Lucy unseren Erzählungen von der Graduation lauschte, ging ein sehr schöner Tag mit einer ausgelassenen Feier zu Ende. Müde und mit Sonnenbrand gingen wir beide dann früh schlafen.

Anna Rörich und Inga Feldmann