Deutschkurs an der RUCO

„Can you teach me German..?“, wurde ich oft in der Uni gefragt. Da ich nicht jeden Studenten einzeln unterrichten konnte und sich die Nachfragen häuften, entwickelte ich die Idee, Deutsch zu unterrichten. Nach dem Zwischenseminar wurde die Idee dann konkretisiert. Zu Beginn hatte ich noch mit dem Problem zu kämpfen, dass die meisten Studenten tagsüber einen sehr straffen und nahezu lückenlosen Stundenplan haben. Abends hatte ich wiederum keine Zeit, da ich ja noch meinen Webdesignkurs gegeben habe. So entwickelte sich mit der Zeit das Modell, dass ich drei Mal am Tag den gleichen Deutschkurs unterrichte und die Studenten sich dann einen passenden Kurs aussuchen konnten. Die Bedingung war allerdings, dass jeder Student einmal am Tag zu meinem Kurs erscheint. Meistens hat dies auch wunderbar geklappt. Die Studenten haben sich gut auf die drei Kurse verteilt, so dass ich im Normalfall immer nur sechs bis zehn Studenten in einem Kurs unterrichtete. Zwei Lehrbücher hatte ich mir aus Deutschland bestellt und mir einen sinnvollen Aufbau des Kurses überlegt. Jetzt konnte es also losgehen!

Einen Deutschkurs in Tansania anzubieten klingt im ersten Moment vielleicht ein wenig verrückt und sinnlos. Allerdings haben viele Studenten den Wunsch, Deutsch zu lernen. Die Gründe sind ganz unterschiedlich: Der eine möchte gerne etwas über die Sprache und die Kultur der alten Kolonialmacht lernen, der andere würde gerne einmal in Deutschland ein Praktikum, Urlaub oder sogar den Master machen. Wiederum andere wollen einfach nur eine weitere europäische Sprache sprechen und sind sehr stolz, wenn sie sich mit Deutschen auf Deutsch unterhalten können. Langfristig gesehen ist es natürlich das Ziel, einen Anfänger- oder Schnupperkurs und einen weiterführenden Kurs anzubieten. So sollen die Studenten die Möglichkeit haben, auf ein offizielles Sprachzertifikat hinzuarbeiten.

Zu Beginn des Kurses standen einfache Sachen, wie zum Beispiel Begrüßungsfloskeln, im Vordergrund. So passierte es schon in der ersten Unterrichtswoche, dass Studenten mich auf dem Universitätsgelände auf Deutsch grüßten. Das ist schon eine abgefahrene Sache, wenn ich über den Hof schlendere und plötzlich aus zweiter oder dritter Reihe ein „Guten Morgen!“ höre. So eine Bestätigung ist natürlich die schönste, die ich mir für die Arbeit vorstellen kann. Mit der Zeit kam dann immer mehr Grammatik dazu. Verben wurden gelernt, konjugiert und die Zahlen durften natürlich auch nicht fehlen. Nachdem die Studenten einen gewissen Grundwortschatz hatten, ging es darum manche Themengebiete, wie zum Beispiel Einkaufen, Essen, Reisen oder die Uhrzeit genauer unter die Lupe zu nehmen und die entsprechenden Vokabeln dazu zu lernen. Am Ende wussten die Studenten, wie man Vergangenheit und Zukunft bildet, konnten die Possessivartikel anwenden, Nominativ und Akkusativ unterscheiden und sogar nach einer Wegbeschreibung fragen.

Neben der ganzen Grammatik und den zahlreichen Vokabeln hatten wir aber auch immer viel Spaß im Unterricht. Ob wir zusammen über ein Wort lachten, das kaum einer aussprechen konnte, oder ob einfach über deutsche Gewohnheiten gelacht wurde, die Atmosphäre in den kleinen Lerngruppen war getreu dem Motto „Spaß am Lernen haben“ immer locker und entspannt. Einige Inhalte habe ich auch auf Kiswahili erklärt. Selbstverständlich wurde ich von meinen Schülern meistens verbessert, sobald sich ein Fehler einschlich. So gab es hin und wieder auch für mich eine kleine Lehrstunde in Kiswahili. Wenn mitten im Satz alle Studenten klatschten, war ich kurz verwundert, wusste dann aber, dass ich mir den Inhalt einer Lehrstunde gemerkt und es richtig angewendet habe (nachdem ich es davor fünf Mal falsch gemacht hatte).

Zu Beginn jeder Unterrichtsstunde stand die Wiederholung der vorherigen Stunde auf dem Plan. Dies geschah meistens in mündlicher Form, so dass die Studenten viele Gelegenheiten hatten, Deutsch zu sprechen. Manchmal haben wir aber auch mit Übersetzungen oder Lückentexten gearbeitet. Der Verlauf der Stunden ist immer recht unterschiedlich gewesen. Neben viel Sprechen und ein wenig Schreiben fanden auch Spiele auf dem Unterrichtsplan ihren Platz. So durften die Studenten beim Lernen der Zahlen kleine Rechenaufgaben auf Deutsch lösen. Zuerst habe ich ihnen den Ball zugeworfen und eine Rechenaufgabe gestellt. Haben sie diese richtig beantwortet, durften sie den Ball zu mir zurück werfen und mir eine andere Rechenaufgabe zum Lösen geben. Ein Rollenspiel im Kleidungsgeschäft oder im Supermarkt durfte natürlich auch nicht fehlen. Die letzten Minuten der Stunde stand dann meistens für Fragen zur Verfügung, wenn ich rechtzeitig mit meinem Stoff fertig wurde. Hier ging es dann entweder um grammatikalische Angelegenheiten, die wir bereits durchgenommen hatten oder die noch unbekannt waren. Die Aussprache von Worten wurde erfragt, deutsche Gewohnheiten und Traditionen hinterfragt und mit tansanischen vergleichen. In diesem Teil der Stunde haben die Studenten eigentlich immer all das erfahren, was sie so interessierte und für sie spannend erschien.

Die Satzbildung und Ausdrucksweise meiner Studenten war auch am Ende nicht perfekt, aber was will man nach sechs Wochen Unterricht schon erwarten?! Mir ist es immerhin gelungen, einen Grundstein zu legen und meinen Studenten einen Einblick in die deutsche Sprache zu gewähren. Jeder konnte sich verständlich ausdrücken und wurde gut verstanden. Bei den meisten Studenten ist sogar die Motivation vorhanden, einen weiterführenden Deutschkurs zu besuchen.

Besonders hat mich aber der offene Umgang mit der neuen Sprache beeindruckt. Schon nach wenigen Unterrichtsstunden habe ich von Mitfreiwilligen erzählt bekommen, dass sie von Studenten auf Deutsch angesprochen wurden. Das Deutsch war zwar noch fehlerhaft und ziemlich abgehackt, aber mit etwas Geduld und viel Spaß sind so die ersten Konversationen entstanden. Ein Student hat sich sogar an die nahe gelegene St. Dominic School, an der auch deutsche Freiwillige arbeiten, verirrt und hat dort seine Deutschkenntnisse getestet.

Da sich meine Zeit in Tansania jetzt leider dem Ende zuneigt, hoffe ich, dass meine Nachfolger eine ähnliche Motivation wie ich entwickeln und den Deutschkurs fortsetzen. Fantastisch wäre es, wenn sie sogar noch einen weiterführenden Kurs anbieten.

Maximilian Wagner