Der Blitzumzug ins Freiwilligenhaus Kitwiru

Eine Geschichte von großen Anstrengungen, Ungeheuern und selbstlosen Helden

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Nach jahrelanger Vorbereitung war es Anfang März endlich so weit: das letzte Gebäude auf dem Grundstück des Kinderdorfs in Kitwiru ist fertig gestellt worden. Bei diesem handelt es sich um das Freiwilligenhaus für die zwei Computerlehrerinnen im besagten Kinderdorf. Zurzeit sind wir, Nina und Franzi, die Freiwilligen, die somit auch gleich mit der Aufgabe betraut wurden, das neue Haus einzurichten.

Aziz, der auch dieses Haus, wie jedes andere in Kitwiru, baute, war in den Anfangsmonaten diesen Jahres sehr oft bei uns zu sehen, da wohl auch er die langjährigen Bauarbeiten nun endlich zu Ende führen wollte, somit sahen wir fast jede Woche eine Veränderung. Da die Fundis noch bis zur letzten Minute am Freitag die allerletzten Dinge in Gang brachten und installierten, konnten wir mit dem Umzug erst Montag beginnen. Das Wochenende nutzten wir, indem wir Sitzkissen, Bezüge dafür und Gardinen besorgten.

Wie gesagt, der Umzug sollte Montag beginnen, nur sollte er an diesem Tag auch schon komplett vollzogen sein, denn wir erwarteten Vorstandsbesuch von Judy, Bundi,sowie von Volker dem Architekten unseres Dorfs, und seiner Freundin. Somit sollten alle unsre Gästezimmer belegt werden. Das Problem dabei war nur, dass die Gästezimmer unsere bisherigen Unterkünfte darstellten. So stellte der Umzug ein kleines zeitliches Problem dar, das wir aber mutig angingen.

Mit dieser Motivation räumten wir zunächst die Räume komplett leer, in denen wir nun über acht Monate gelebt hatten, es fühlte sich an, wie eine Vorahnung dessen, was uns am Ende unseres Dienstes bevor stehen soll. So fanden wir nach einigen kräftezehrenden Stunden zwei Zimmer ohne Bilder an den Wänden, ohne Socken auf dem Boden, ohne persönliche Gegenstände jeglicher Art vor. Wir waren somit für einige Minuten obdachlos, doch dann öffneten wir die Tür zu unserem neuen Freiwilligenhaus und standen zunächst in einem Meer aus sehr vielen Kisten, aber nach einer weiteren Motivationseinlage waren alle persönlichen Dinge nun auf den neuen Möbeln, die übrigens zum Großteil unsere Schreiner Philipp und Tristan gefertigt hatten, platziert und verstaut.

Nun ging es weiter: Vorhänge aufhängen, Sitzkissen beziehen… da gab es schon wieder ein Problem, denn in Iringa gibt es nur Sitzkissen in quadratischen Maßen und so mussten wir die Sitzkissen mit Cuttermesser und Säge zurecht schneiden; man kann sich spannendere und weniger nervenaufreibendere Aufgaben vorstellen.

So brach nun die Nacht über Kitwiru ein und wir saßen in Ninas neuem Zimmer und schnitten so vor uns hin, bis wir in der Ecke von Ninas Bett plötzlich eine giftgrüne Schlange entdeckten. Zunächst dachten wir, die Schreiner hätten eine sehr gute Plastikattrappe einer grünen Mamba platziert, denn diese Schreiner sind schon ein scherzhaftes Völkchen, doch nach dem Anstupsversuch mit dem Kleiderbügel und der ruckhaften Reaktion der Schlange wussten wir: sie war wahrhaftig lebendig.

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Nun war guter Rat teuer: was macht man mit einer sechzig Zentimeter langen Giftschlange im Bett. Yona, unser Fahrer war unser rettender Einfall. Obwohl es schon kurz nach Mitternacht war, konnten wir auf ihn zählen, und nach wenigen Minuten stand er mit einem Stock und in Flipflops vor dem Ungeheuer.

Wir beiden Freiwilligen sind – das müssen wir eingestehen – nicht ganz so gefasst geblieben, wie man das erwartetet hätte und saßen schneller auf dem Schreibtisch, als dass Yona überhaupt etwas machen konnte. So war er nun quasi auf sich selbst gestellt und löste die Situation brillant. Ein erster Schlag fiel auf das Rückgrat, um die Schlange im Schlängeln einzuschränken, ein weiterer Schlag fiel auf den Kopf, und diesem folgten viele weitere, bis die Schlange nicht mehr zuckte.

Nina und ich sind zwar sehr tierliebe Menschen, aber wir müssen sagen, dass wir diesen Tötungsakt voll und ganz tolerierten, da – wie Yona uns mehrfach erklärte – die Schlange sonst uns getötet hätte, wenn wir zu Bett gegangen und selig eingeschlafen wären. Nach einigen Nachforschungen bestätigte diese Befürchtung sich auch, denn tatsächlich handelte es sich um eine grüne Mamba, die zwar nur halb so giftig wie ihre schwarze Kollegin ist, aber trotzdem in den meisten Fällen tödlich.

So weihten wir unser neues Heim also mit einer Geschichte ein, die wir noch unseren Enkeln bei einem dieser klischeehaften Kaffeekränzchen erzählen können!

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Ende gut, alles gut, wir haben diese und viele schon folgende Nächte in dem kleinen Häuschen überlebt und nach Überwindung eines kleinen Giftschlangentraumas auch sehr genossen. Im Haus haben wir übrigens jeder ein Schlafzimmer, ein gemeinsames Bad mit Dusche und ein großes Wohnzimmer, dessen auffälligstes Inventar eine riesige Schultafel ist, denn wir unterrichten auch in diesem Haus, zum Beispiel unseren Englischunterricht mit den Angestellten, als auch die Nachhilfestunden mit den Kindern.

Das ist also die Geschichte hinter dem neuen Haus, auf dem Gelände des Amani Kinderdorfs Kitwiru. Wir verabschieden uns hiermit mit einem großen „karibu sana“ an all die, die uns gern mal besuchen wollen, es gibt Tee und Afri-Instant-Kaffee und manchmal, wenn man Glück hat, auch ein exotisches Lebewesen zu entdecken.

Liebe Grüße aus Kitwiru
Franzi und Nina